Die Dimension des Angsterlebens hat immer etwas zu tun mit unserer Bewertung und Interpretation der Situation. In diese Gedanken fließen immer alle unsere Lebenserfahrungen ein, auch die, an die wir uns nicht erinnern. Und diese Bewertung erfolgt im Regelfall im Unbewussten. Wir sind uns der Komponenten nicht bewusst. Und an der Stelle kommt auch unser Schattenkind ins Spiel.
Ein Beispiel aus der Säbelzahntigerzeit: Begegnet jemand einem Säbelzahntiger, der schon mehrfach einen Säbelzahntiger besiegt hat, so wird er weniger Angst empfinden, als jemand, der erlebt hat wie der Säbelzahntiger seinen Vater schwer verletzt hat.
Jemand der als Kind mit sechs Geschwistern aufgewachsen ist und gelernt hat sich gut durchzusetzen, wird Konflikte eher wenig beängstigend finden. Jemand der als Einzelkind groß geworden ist und Konflikte von zu Hause auch von den Eltern nicht kennt, für den kann ein Konflikt etwas Unbekanntes oder auch Ängstigendes sein.
Auf so eine Weise beeinflussen unsere Lebenserfahrungen auch in der heutigen Situation unsere Bewertung der ohnehin schwierigen Lage und damit auch die Dimension der Ängste.
So kann es sein, dass für jemanden, der z.B. schon einmal eingesperrt war – sei es als Kind als Strafmaßnahme oder z.B. als Gefangener – die Tatsache, dass er nicht vor die Tür gehen soll, unglaublich schwer auszuhalten ist. Die Angst, das Ausgeliefertsein, die Ohnmacht von damals verbindet sich mit der heutigen Situation.
Für jemanden, der Mangel schon einmal erlebt hat, kann es vielleicht schwer sein, das richtige Maß bei den Vorräten zu halten. Auch generationsübertragene Themen können mitschwingen. Alte und neue Ängste vermischen sich.